Königsberg / Kaliningrad ist über 750 Jahre alt, jedoch findet der Stadtbesucher kein Gebäude, das älter als 200 Jahre ist. Abgesehen von zwei noch aus dem Mittelalter stammenden Bauten: dem Dom auf der Kantinsel (früher Kneiphof) und der Judittenkirche fast am Rande der Stadt.
Der Dom, errichtet zwischen 1322 und 1382, wurde im Sommer 1944 durch britische Luftangriffe stark beschädigt. Die darauf folgende Jahrzehnte lange Vernachlässigung seitens der sowjetischen Behörden verwandelte das einst dominante und imposante Gebäude der dicht bebauten Kneiphofinsel in eine mit Kraut bewachsene Ruine, die man noch vor wenigen Jahren bestaunen konnte. Doch die enge Zusammenarbeit vieler deutscher und russischer Organisationen hat der Stadt eins ihrer Symbole wiedergegeben – 2005 zum 750jährigen Jubiläum von Königsberg / Kaliningrad wurde die Rekonstruktion beendet. Heute beherbergt der Dom eine evangelische und eine russisch-orthodoxe Kapelle, sowie das Kant- und Dommuseum.
Die Judittenkirche liegt zwar nicht zentral, deren Besichtigung ist jedoch sehenswert. Die Kirche ist das älteste Gebäude der Stadt. Gebaut Ende des 13. Jahrhunderts, hat sie alle Kriege sowie politischen und religiösen Umwälzungen heil überstanden. Mystischerweise fanden in dieser Kirche die letzten evangelischen (1946) sowie die allerersten, von der sowjetischen Regierung erlaubten russisch-orthodoxen Gottesdienste (1987) statt. Nach der Restaurierung wurde die Kirche der russisch-orthodoxen Gemeinde übergeben und trägt heute den Namen des Heiligen Nikolaus.
Das einstige Herz des früheren Königsbergs – das Ordensschloss bzw. seine Ruine wurde in den 1960er Jahren nach langen Diskussionen abgetragen. Das Fundament und die zahlreichen Kellerräume wurden zuzementiert und mit schweren Bulldozern glatt geschliffen. Der entstandene Freiraum sollte zum Zentrum der neuen sozialistischen Stadt mit dem obligatorischen Haus der Sowjets werden. Die Umsetzung der hochgesteckten Pläne wurde durch den Zerfall der Sowjetunion abgebrochen. Das nicht fertig gewordene Haus der Sowjets – von Kaliningradern „liebevoll“ als „Monster“ oder „ewige Baustelle – vechnij nedostroj“ bezeichnet – stellt heute eine Ruine dar, wie einst sein Vorgänger das Ordensschloss. Das solide gebaute Gebäude könnte auf verschiedene Weise genutzt werden, doch die nicht geklärten Eigentumsverhältnisse lassen es nicht zu. Auf Grund dessen wurden auch die Ausgrabungen am ehemaligen Schloss, finanziert durch das deutsche Magazin „Spiegel“ abgebrochen: es wurden bereits die Gewölbe des großen Weinkellers im Westflügel freigelegt und ein unterirdischer Gang, der wahrscheinlich zum Dom führt, entdeckt.
Der Bereich um das Haus der Sowjets herum heißt heute der Zentrale Platz, konnte sich allerdings als solcher nicht durchsetzten. Das Herz der Stadt schlägt heute am Platz des Sieges – dem ehem. Hansaplatz. Der Platz des Sieges hat sich in den letzten Jahren sehr stark verändert: von einem asphaltierten, tristlosen, nur mit einer Tribüne und dem Lenin-Denkmal „geschmückten“ Platz, der hauptsächlich für die jährliche Parade genutzt wurde, zu dem Treffpunkt junger Kaliningrader: farblich gepflastert, mit jungen Bäumen, Springbrunnen, schönen Laternen und Bänken geschmückt, stellt der Siegesplatz eine harmonisches, erfreuliches Bild dar. Die Mitte des Platzes nimmt die Siegessäule (mehr Infos), die Kaliningrader einfach und kurz „Stella“ nennen.
Der Platz des Sieges hat sich nicht zufällig zum neuen Stadtzentrum entwickelt: hier befinden sich die wichtigsten administrativen Gebäude, die meisten stammen noch aus der Vorkriegszeit und wurden während des Krieges kaum beschädigt. Einige haben sogar ihre Funktion behalten: das 1923 erbaute Rathaus ist auch heute der Sitz der Stadtverwaltung, das frühere Polizeipräsidium beherbergt die Abteilung des Staatssicherheitsdienstes. Das ehemalige Amts- und Landgericht ist seit 1958 die Technische Hochschule. Das monumentale Gebäude des Nordbahnhofs beherbergt heute das Kaliningrader Handelszentrum mit diversen Büros, Restaurants und einem Hotel. Den mittleren Bereich nimmt der eigentliche Bahnhofsaal ein: von hier fahren die Züge ab Richtung Rauschen/Svetlogorsk und Cranz/Zelenogradsk – zu den berühmtesten Seebäder des Samlandküste.
Das alte Königsberg ist jedoch in den Resten der alten Stadtbefestigung am deutlichsten wieder zu finden. Der im 19. Jahrhundert entstandene und 1945 stark umkämpfte Befestigungsring weist kaum Schäden auf, seine Bastionen, Türme und Tore werden heute auf verschiedenste Weise benutzt.
An der Lage der sechs von acht Stadttore kann man den Verlauf des (zweiten) Wallrings gut vorstellen: zwei Stadttore mussten der wachsenden Stadt geopfert werden – das Steindammer Tor und das Tragheimer Tor wurden schon vor dem ersten Weltkrieg abgerissen. Das Brandenburger Tor ist heute das einzige Stadttore, das seine ursprüngliche Funktion erfüllt: da fahren immer noch Fahrzeuge und Straßenbahnen durch. Außerdem ist das Brandenburger Tor wohl das „gotischste“ aller im Stil einer romantisierenden Gotik gebauten Stadttore. Das Roßgärter Tor und das Königstor könnten um den Titel des schönsten Stadtors „streiten“, wobei das erst 2005 wiederhergestellte und renovierte Königstor die Nase knapp vorne hat: seine Fassede schmücken wieder drei Skulpturen aus Sandstein: links steht König Ottokar der zweite von Böhmen, dem Königsberg seinen Namen verdankt, rechts ist der letzte Hochmeister des Deutschen Ordens Herzog Albrecht von Brandenburg und die Mitte nimmt König Friedrich I. ein. Das Sackheimer Tor sieht nicht mehr so mächtig aus wie seine Brüder: der noch vor dem Zweiten Weltkrieg abgerissene Anbau störte die Symmetrie des Baus. Dessen heutige Lage an der Seite des breiten Moskauer Prospektes, der zugemauerte Eingang sowie die dunkelbraune Farbe – den Anstrich bekamen alle alten Ziegelsteingebäude lässt das schlichte, kaum verzierte Stadttor leblos und scheinlos erscheinen. Neben dem Sackheimer Tor weist auch das Friedrichsburgtor neue bauliche Formen auf, die bei den übrigen Toren nicht zu finden sind: zwei runde hohle Türme, die man hochsteigen kann. Das Friedrichsburgtor war ein Teil der mächtigen Festung Fort Friedrichsburg, die jedoch Anfang des 20. Jahrhunderts zugunsten des neuen Güterbahnhofs abgetragen wurde. Die etwas abgelegene Lage und das äußere Erscheinungsbild machen das Friedrichburgstor leider nicht gerade touristisch attraktiv. Beim Friedländer Tor, das als letztes fertig gestellt wurde, hat man die vorangegangene Erfahrung genutzt: das Stadttor ist breiter und hat zwei heute zugemauerte Durchgänge. Aus der Sicht der Befestigungsgeschichte ist das Friedländer Tor am interessantesten, da auf der äußeren Seite Teile der Brücke und des Wassergrabens erhalten geblieben sind.
Die offene und somit ungeschützte Stelle des Befestigungsrings im Bereich des Oberteichs wurde durch das Errichten von zwei mächtigen Türmen geschlossen: dem Dohnaturm und dem Wrangelturm, genannt nach den preußischen Feldmarschalle Graf Karl Friedrich Emil von Dohna-Schlobitten und Friedrrich Heinrich Ernst Graf von Wrangel. Seit Ende der 1970er Jahren beherbergt der Dohnaturm das einzigartige Bernsteinmuseum mit unikalen Exponaten. Unter anderem kann man hier den zweitgrößten Bernstein der Welt – 4,2 kg – bestaunen. Überdies bietet das Museum die Möglichkeit an, den inneren Turmbau und seine Ausstattung zu betrachten. Der Wrangelturm – lange Zeit als Lager benutzt – wird zurzeit restauriert und ist öffentlich nicht zugänglich.
Königsberg / Kaliningrad wird oft als Kant-Stadt bezeichnet. Der größte Sohn der Stadt und der berühmteste deutsche Philosoph hat seine Wahlheimatstadt überaus geliebt und geschätzt, hier hat er auch seine letzte Ruhe gefunden. Seine Grabstätte befindet sich an den nord-östlichen Mauern des Doms. 1924 wurde ein neues Kant-Grabmal errichtet: ein offener Pfeilerbau über dem steinernen Sarkophag. Wie durch ein Wunder wurde das Grabmal während der britischen Bombardements nicht beschädigt. Das Grabmal ist immer mit frischen Blumen geschmückt: nach der russischen Tradition legen frisch getraute Paare an den großen und bekanntesten Gedenkstätten Blumen nieder – in Kaliningrad ist das das Kant-Grabmal.
Im Dom kann man das Kant-Museum besuchen. Ein Kantdenkmal gibt es auch: es steht vor der Neuen Universität und ist die Kopie der nach dem Krieg verschollenen Bronzeskulptur aus dem Jahre 1864.